„Ich würde es wieder so machen“

Interview mit Laura Dahlmeier über neue Freiheiten, ihre Pläne und das Ende ihrer erfolgreichen Biathlon-Karriere

von Steffen Müller

Laura Dahlmeier hat im Biathlon alles gewonnen, was es zu gewinnen gibt – und blieb dabei immer authentisch. Im Mai gab sie überraschend ihren Rücktritt bekannt. Jetzt konzentriert sich die begeisterte Alpinistin auf ihr Sportstudium und Projekte, die als Leistungssportlerin zu kurz kamen.
Wir sprachen mit der Garmisch-Partenkirchenerin, die am 25. März zum Sporttalk mit Peter Schlickenrieder und Michael Antwerpes nach Böblingen ins Sparkassenforum kommt, über ihre Expeditionen, über Skitouren, ihre Begeisterung für die Berge, den Winter und ihren Start bei der Berglauf-WM in Argentinien.

Iran, Nepal, Peru oder Georgien. Sie tankten schon während ihrer Biathlon-Laufbahn Kraft auf Expeditionen. Was steht als nächstes an?

Laura Dahlmeier: „Reisen und fremde Kulturen waren mir schon immer sehr wichtig. Auch zu meiner aktiven Zeit. Aktuell ist aber nichts Größeres geplant, da ich wegen meines Sportstudiums gerade viel in München bin.“

Versuchen Sie, auch am Berg die Grenzen zu verschieben oder steht das Erlebnis, die Natur, im Vordergrund?

Laura Dahlmeier: „Das kommt ganz auf die jeweilige Situation an. Grundsätzlich geht es mir um das Erlebnis, ich möchte gemeinsam mit meinen Begleitern Spaß haben, fremde Kulturen und Regionen kennenlernen. Das Verschieben von persönlichen Grenzen geschieht dann eher zufällig – zum Beispiel bei einer Kletterpassage. Wenn ich mich auf den Weg mache, denke ich aber nicht daran.“

Wie sieht die ideale Begleitung für eine anspruchsvolle Bergtour aus?

Laura Dahlmeier: „Wichtig ist in erster Linie, dass man sich blind vertrauen kann. Da hilft es natürlich, wenn man schon ein paar Touren miteinander unternommen hat. Es geht definitiv nicht darum, ob jemand schwächer oder stärker als man selbst ist. Wichtig ist zu wissen, wie jemand tickt. Vor allem ist es entscheidend, dass die Person die nötige Gelassenheit mitbringt und auch in schwierigen Situationen ruhig bleibt. Nicht zu vergessen ist Humor. Schließlich will man bei so einer Tour auch eine Gaudi haben.“

Peter Schlickenrieder, der am 25. März auch nach Böblingen kommt, ist so einer?

Laura Dahlmeier: „Auf jeden Fall. Er ist ein sehr guter Alpinist, hat viel Humor, Entdeckergeist, ist unheimlich offen und sehr interessiert an der Kultur und der Geschichte der Länder, die er bereist. “

Können Sie einem Bergmuffel das Gefühl beschreiben, aus eigener Kraft einen Gipfel erreicht zu haben und von dort nach unten zu blicken?

Laura Dahlmeier: „Ich glaube, das kann man nicht so leicht erklären. Die Person muss sich selbst auf den Weg machen und es erleben. Da gibt es viele Aspekte. Zuerst denkt man vielleicht, das ist zu weit, zu hoch oder zu schwierig, dann beschäftigt man sich näher damit, bereitet sich vor.
Wenn man es schließlich schafft, ist das ein schönes Gefühl. Das lässt sich auf viele andere Bereiche übertragen. Bei mir kommt dann noch der Teamgedanke dazu, mit anderen gemeinsam etwas zu schaffen, zu erleben. Dazu kommt das Gefühl, nur im Hier und Jetzt zu sein, wenn man auf dem Gipfel steht. Das ist sicher eine meiner Motivationen, draußen unterwegs zu sein.“

Was fasziniert Sie speziell am Skitourengehen?

Laura Dahlmeier: „Grundsätzlich finde ich es wunderbar, dass es bei uns alle Jahreszeiten gibt. Am Winter und speziell beim Skitourengehen fasziniert mich diese wunderbare Ruhe, wenn es gerade schneit und man im unberührten Weiß den Berg hochläuft. Genauso faszinierend ist die Abfahrt im Powder, wenn man sich beim Aufstieg richtig verausgabt hat und dann seine Linie in den frischen Schnee zieht. Diese Leichtigkeit ist grandios, so ähnlich wie ein schöner Trail beim Mountainbiken, aber wahrscheinlich noch etwas besser.“

Haben Sie neben Ihrer Heimat eine Lieblings-Tourenregion in den Alpen?

Laura Dahlmeier: „In Sachen Skitouren bin ich in den Alpen noch nicht allzu viel rumgekommen. Da gibt es definitiv noch viel zu entdecken. Die Dolomiten faszinieren mich beim Klettern und auf Ski. Ein paar Rinnen dort stehen deshalb definitiv auf meiner To-do-Liste für diesen Winter.“

Wieviel Mut hat es gekostet, im Mai das Ende Ihrer Biathlon-Karriere zu verkünden?

Laura Dahlmeier: „Ich habe mir das sehr gut und sehr lange überlegt. Schließlich ist Biathlon seit meiner Kindheit ein ganz zentraler Punkt in meinem Leben und alles war lange Zeit darauf ausgerichtet. Es hat viel Spaß gemacht und ich würde es wieder so machen. Als ich die Entscheidung dann aber für mich getroffen hatte, habe ich zunächst mein Umfeld darüber informiert. Der Gang an die Öffentlichkeit war dann gar nicht mehr so schwer. Ich habe es bisher jedenfalls nicht bereut und freue mich, jetzt als Expertin beim ZDF wieder bei einigen Weltcup-Rennen und bei der WM in Antholz dabei zu sein.“

Die Premiere ist vom 19. bis 22. Dezember in Grand Bornand in Frankreich. Ist man davor ähnlich nervös wie vor einem Rennen?

Laura Dahlmeier: „Natürlich werde ich am Mikrofon etwas nervös sein. Mit dem Start der Weltcup-Saison als Sportlerin ist das aber nicht zu vergleichen. Da gehen einem ganz andere Sachen durch den Kopf. Da fragt man sich dann, ob das monatelange Sommertraining gut genug war, ob es sich gelohnt hat, täglich Vollgas zu geben, alles nach dem Sport auszurichten. Da ist der Druck für mich als Fernseh-Expertin definitiv weniger groß. Ich freue mich jedenfalls riesig auf die neue Aufgabe.“

Warum ist Biathlon in Deutschland Ihrer Meinung nach so populär?

Laura Dahlmeier: „Ich denke, weil die Rennen bis zum Schluss spannend sind, weil am Schießstand immer noch etwas passieren kann. Biathlon ist so vielfältig und es bedarf vieler unterschiedlicher Stärken, um letztlich erfolgreich zu sein. Zudem ist das Format sowohl im Fernsehen wie auch im Stadion für die Zuschauer sehr attraktiv.“

Ganz vom Wettkampfsport können Sie nicht lassen. Mitte November waren Sie bei der Berglauf-WM in Argentinien am Start und wurden 27.

Laura Dahlmeier: „Ja, nach erfolgreichen Ultratrails hatte ich mich zu meiner eigenen Überraschung für die WM qualifiziert. Ich habe kurz überlegt und dachte, so eine Chance kann man sich nicht entgehen lassen. Es war jedenfalls ein faszinierendes Erlebnis und ich habe beeindruckende Sportler kennengelernt. “

Kennt man in Südamerika eigentlich die Biathletin Laura Dahlmeier?

Laura Dahlmeier: „Ich glaube in Argentinien ist Biathlon nicht die ganz große Nummer aber es waren ja Sportler aus aller Welt am Start. Eine Läuferin aus Bolivien, die eine Weile in Deutschland gelebt hat und seit dieser Zeit Biathlon-Fan ist, kam dort strahlend auf mich zu und hat mich abgeknuddelt. Ich dachte, ich bin im falschen Film. Das war eine wunderbare Begegnung.“
Sie vermitteln Kindern die Freude an Sport und Bewegung. Warum ist Ihnen das so wichtig?
Laura Dahlmeier: „Mir macht das einfach Spaß, ich habe einen guten Draht zu Kindern und will ihnen vermitteln, dass es einem einfach besser geht, wenn man aktiv und viel an der frischen Luft unterwegs ist. Bewegung war und ist ein ganz zentraler Bestandteil in meinem Leben. Außerdem vermittelt der Sport Dinge wie Fairplay und den Teamgedanke, die einem auch sonst weiterhelfen.“

Sie sind auch unter die Kinderbuchautoren gegangen.

Laura Dahlmeier: „Der Klimaschutz ist mir ein wichtiges Anliegen – aber ohne erhobenen Zeigefinger. Ich erlebe den Klimawandel als Wintersportlerin aus nächster Nähe und bin Botschafterin der Aktion #winterfans. Ich bin überzeugt, dass jeder einen kleinen, wirkungsvollen Beitrag für den Klimaschutz leisten kann. Im Buch ‚Die Klimagang‘ möchte ich die Sinne schärfen und zum Nachdenken anregen. Kinder sind freier im Denken, unheimlich kreativ und deshalb genau die richtige Zielgruppe für dieses Thema“

Infos

Laura Dahlmeier kommt am 25. März, 19.30 Uhr, gemeinsam mit Peter Schlickenrieder und Moderator Michael Antwerpes zum Sporttalk des Stadtmarketing Böblingen im Rahmen der Gesundheits- und Sportwochen. Der Sporttalk findet in Kooperationen mit den Abenteuer-Magazinen, der Sindelfinger Zeitung/Böblinger Zeitung und der Kreissparkasse Böblingen im Sparkassenforum Böblingen statt.

Das Ticketkontingent der Abenteuer-Magazine und der Sindelfinger Zeitung/Böblinger Zeitung ist bereits ausverkauft.

Mehr zum Sporttalk gibt es hier.