Tanz am Abgrund

Weltmeisterin Eva Walkner vor dem Start der Freeride World Tour

von Saskia Drechsel

Ende Januar steht der erste Stop der Freeride World Tour 2017 in Chamonix an. Zum Jahreswechsel ist die amtierende Weltmeisterin Eva Walkner deshalb gehörig im Stress. Die schlechten Schneebedingungen in Europa haben ein zielführendes Fahrtraining bis dahin unmöglich gemacht. Walkner hat sich kurzfristig entschieden, in die USA zu fliegen, um den wichtigsten Teil ihrer Saisonvorbereitung zu absolvieren. Schließlich hat die 37-Jährige 2017 viel vor. Nachdem sie in den vergangenen beiden Jahren jeweils zur Weltmeisterin der Freeride World Tour gekürt wurde, träumt sie davon, auch zum dritten Mal ganz oben zu stehen. „Ich glaube, das will jeder der Teilnehmer schaffen. Ich nehme es aber ganz locker und will einfach gute Runs runterbringen und Spaß haben.“
Der Trip nach Jackson Hole war ein voller Erfolg. Inzwischen ist der Schnee auch in den Nordalpen angekommen. Eva Walkner kann endlich auch in der Nähe ihrer Salzburger Heimat trainieren.

Vom Slalom-Hang ins freie Gelände

Eva Walkner sammelte bereits, bevor sie sich für das Freeriden entschied, viel Erfahrung im Schnee. Schon mit drei Jahren stand sie auf Skiern und kurvte die Piste hinunter, aus dem Sporttalent, geboren im österreichischen Kuchl, wurde eine gute Skifahrerin mit der Spezialdisziplin Slalom. Zwischen 1995 und 2003 bestritt Walkner 51 Europacup- und acht Weltcuprennen für den Österreichischen Skiverband. Nach vielen Verletzungen entschied sie sich ins Freeride-Lager zu wechseln. „Beim Freeriden steht man immer vor einer Herausforderung. Berge und die Schneebedingungen sind immer anders“, erzählt sie begeistert. „Für mich ist es der ganze Spirit, jeder ist gut drauf, der Sport macht einfach Spaß, man ist in der Natur, reist viel, trifft tolle Leute, lernt andere Kulturen kennen.“

Tödliche Lawinen-Unglücke

Eva Walkner ist sich aber auch der Risiken ihres Sports bewusst. Im April kam die Snowboard-Freeride-Weltmeisterin Estelle Balet mit 21 Jahren, nahe ihrem Heimatort Verbier (Schweiz) in einer Lawine um. Im Sommer starb die bekannte Freeriderin Matilda Rapaport aus Schweden in Chile im Rahmen eines Werbedrehs. „Gerade mit Estelle habe ich ein gutes Verhältnis gehabt, die Verluste haben mir schon ganz schön zu denken gegeben“, sagt Walkner, die selbst zugibt, gerade am Anfang ihrer Freeski-Karriere „unfassbare Fehler“ gemacht zu haben. Wie an einem Unglückstag an dem ihr eine große Wächte zu Verhängnis wurde. „Ich bin eingebrochen und hing, wie in einer Gletscherspalte mit dem Unterkörper komplett drin, mein Funkgerät war kaputt, irgendwann habe ich es geschafft, mich rauszudrücken. Danach habe ich mit einem Kakao gefeiert, dass ich noch lebe.“ Mit den Jahren hat die 37-Jährige viel Erfahrung gesammelt.

"Wir wissen, in welche Gefahr wir uns begeben"

„Leider sind schlimme Unfälle bei uns part of the game und wir alle wissen, in welche Gefahr wir uns begeben. Ich selbst bin vorsichtiger geworden.“ Und so kann es auch einmal passieren, dass Eva Walkner einen tollen Hang auslässt. „Erst neulich wieder: Er hat mega gut ausgeschaut, aber eben auch gefährlich wir waren uns nicht sicher und sind dann alle enttäuscht wieder herunter gegangen. Ich finde es sehr wichtig, wieder umdrehen zu können.“

Die Hausaufgaben gemacht

Dennoch: Auf einer Piste würde sich die 37-Jährige inzwischen nur noch langweilen. Das wurde Eva Walkner erst in den letzten Wochen wieder bewusst. Die schlechten Schneebedingungen Europas machen das Freeriden im Gelände gerade unmöglich. „Ich war vier Mal auf der Piste und habe schon genug.“ Nach einer intensiven Vorbereitung im Sommer mit sechs Trainingseinheiten pro Woche, die jede für sich bis zu sechs Stunden dauern kann, hat Walkner ihre Hausaufgaben gemacht. Nach dem vielen Krafttraining für die Oberschenkel, steht nun spezifisches Training an. „Skifahren im Gelände, lange Runs, bis die Oberschenkel brennen“, plant die Freeriderin. Das soll nun in Wyoming klappen. Bis zum 8. Januar will Walkner den Schnee der USA nutzen, um bis zum ersten World-Cup-Start am 27. Januar in Chamonix-Mont-Blanc topfit zu sein.

Mehr Sicherheit für Freeriderinnen

Doch auch abseits das Weltcups ist Walkner gefragt. Gemeinsam mit Aline Bock und Jackie Paaso hat sie den Lawinenkurs „Safe on Snow“ nach Europa gebracht. Rund zwanzig Fahrerinnen pro Stopp lernten, sich sicher im Schnee zu bewegen. „Das hat super viel Spaß gemacht. Wir wollten die Mädels animieren rauszugehen und nicht nur nachzufahren, sondern eigene Entscheidungen zu treffen und eine eigene Stimme in einem Rudel voller Männer zu haben.“ Im nächsten Jahr soll die Veranstaltung auf jeden Fall wieder stattfinden. Außerdem hat Eva Walkner für 2017 ein Filmprojekt in Planung.  Gedreht werden soll in den Alpen im Bereich Grindelwald. „Aber wir müssen schauen, wie der Winter wird. Die guten Tage, an denen man filmen kann sind rar.“

Ach ja, Adrenalin gehört bei Familie Walkner offensichtlich dazu. Bruder Matthias war 2012 Motocross-Weltmeister und nimmt momentan an der Dakar Rally teil.

Im März 2016 berichtete die Deutschen Welle über Eva Walkner und die Freeride World Tour: