Expedition in die Heimat

Interview mit Caja Schöpf zu ihrem Projekt 7 Summits of Bavaria mit Bergführer Ludwig Karrasch

von Steffen Müller

Caja Schöpf ist vielseitig. Sie ist Outdoor-Sportlerin, Sportpsychologin, Influencerin, Model, war als Mental Coach für den Nachwuchs der TSG Hoffenheim im Einsatz und im Ski Freestyle-Weltcup unterwegs… und sie ist zielstrebig. Von ihrem Projekt 7 Summits of Bavaria, das sie gemeinsam mit Bergführer Ludwig Karrasch im Frühjahr 2021 in Angriff nahm, ließ sie sich trotz Corona und Schneemangel nicht abhalten.
Abenteuer Tiefschnee sprach mit der 36-Jährigen aus Ohlstadt bei Garmisch-Partenkirchen, für die die Allgäuer Alpen bis zur ihrer 7-Summits-of-Bavaria-Tour noch so etwas wie ein weißer Fleck auf der Landkarte waren, über das Projekt und den Skitouren-Boom.

7 Summits of Bavaria. Das hört sich an wie ein typisches Corona-Projekt. War es das?

Caja Schöpf: „Nein, überhaupt nicht. Die Idee entstand bereits 2019. Ich war schon in den entlegensten Ecken der Welt auf Ski unterwegs, kannte aber etliche Gebirgszüge in meiner Heimat Bayern noch nicht. So haben Ludwig (Karrasch) und ich eine Weile überlegt und kamen darauf, dass die in Bayern liegenden Teile der Alpen genau 7 Gebirgsgruppen sind. Da lag die Idee der 7 Summits of Bavaria auf der Hand.“

Wie sah euer Plan aus?

Caja Schöpf: „Wir wollten von den Allgäuer Alpen im Westen bis in die Berchtesgadener Alpen im Osten jeweils den höchsten Gipfel auf bayerischem Gebiet mit Tourenski besteigen. Wegen Schneemangel am Sonntagshorn und der Tatsache, dass der Watzmann im Nationalpark und somit tabu zum Filmen ist, mussten wir bei zwei Gipfeln auf Alternativen ausweichen.“

Schneemangel? Der vergangene Winter hatte doch ordentlich Schnee im Gepäck.

Caja Schöpf: „Streckenweise schon, vor allem zum Ende hin. Bei unserem Projekt war es, was den Schnee betrifft, ehrlich gesagt eine Vollkatastrophe. Ausgerechnet Ende Februar, Anfang März hatten wir sehr bescheidene Verhältnisse. Wir haben den Kopf aber nicht in den Sand gesteckt und es genommen, wie es kam. Als alles vorbei war, kam der Winter. Es war trotzdem grandios.“

Was hat dich am meisten fasziniert?

Caja Schöpf: „Wir haben wunderbare Sonnenaufgänge und eine völlig menschenleere Zugspitze erlebt. Da nimmt man auch schlechten Schnee bei der Abfahrt oder gar keinen in den tieferen Lagen in Kauf. Manchmal war es eben mehr Wandern und Bergsteigen mit Steigeisen und den Brettern auf dem Rücken als Skitourengehen. Zum Teil haben wir auch das E-Bike für den Zustieg genommen. Es war trotz allem ein unglaubliches Erlebnis.“

Apropos unglaublich. Skitouren waren wegen großflächig geschlossener Skigebiete der absolute Trend im vergangenen Winter. Die Sportgeschäfte waren regelrecht leergekauft. Wie siehst du diese Entwicklung?

Caja Schöpf: „Einerseits freut es mich sehr, dass die Menschen die Natur neu entdecken und sich in den Bergen bewegen wollen. Andererseits war der Andrang gerade für die Einheimischen in den bayerischen Alpen teils unerträglich, weil sich alles wegen der geschlossenen Grenzen auf engstem Raum konzentriert hat.“

Was war so schlimm?

Caja Schöpf: „Es ging von völlig zugeparkten Ortschaften über zurückgelassen Müll bis dahin, dass sich keiner mehr die Mühe machte, eine Toilette für sein Geschäft aufzusuchen oder dies zumindest unentdeckt zu lassen. Die Stimmung war sehr angespannt, auch wenn sich natürlich nur wenige danebenbenommen haben. Manch einem fehlt es einfach an Manieren. Aber hauptsächlich mangelte es schlicht am Wissen, worauf es in den Bergen und speziell bei einer Skitour ankommt. Das beginnt beim Equipment, geht bei der Tourenplanung und dem Know-how in Sachen Lawinen und den objektiven Gefahren im freien Gelände weiter. Außerdem fehlt oft auch das Bewusstsein und Wissen bezüglich Natur und Tierwelt, wo sich zum Beispiel Schutzzonen befinden, die man achten und respektieren muss. Hier braucht es viel Aufklärungsarbeit und professionelle Begleitung durch einen Bergführer für all die, die in Sachen Skitouren Blut geleckt haben und nicht auf gesicherten Routen in Skigebieten unterwegs sein wollen.“

Glaubst du, dass der Trend grundsätzlich weg von den Skigebieten geht?

Caja Schöpf: „Grundsätzlich geht der Trend schon zu naturnahem Sport. Ich denke trotzdem, dass viele wieder den Lift bevorzugen werden, wenn sich alles normalisiert hat. Grundsätzlich sollten die Skigebiete umdenken und ihre Angebote für Tourengeher erweitern - beispielsweise mit sicheren Aufstiegsspuren neben den Pisten. Dafür kann man meines Erachtens eine Gebühr verlangen. So haben auch Wintersportler ohne alpine Erfahrung ein ungefährliches Skitourenerlebnis und die Regionen können vom Skitourenboom profitieren.“

Outdoor-Sportlerin, Sportpsychologin, Influencerin, Model, Speakerin... Du bist auf unterschiedlichsten Gebieten unterwegs. Verzettelt man sich da nicht leicht?

Caja Schöpf: „Nein, das funktioniert gut. Als Leistungssportlerin hatte ich einen klaren Fokus, heute habe ich mehrere Themen im Blick. Einerseits habe ich ein großes Freiheitsbedürfnis, andererseits sehne ich mich nach Sicherheit. Da hilft es unheimlich, wenn man breit aufgestellt ist, wenn es einen Plan B gibt. Irgendetwas geht immer. So geht es für mich lockerer, als wenn alles von einem Bereich abhängen würde.“

Infos

Die 7-Summits:

Allgäuer Alpen:
Hochfrottspitze (2649 Meter)
Ammergauer Alpen:
Kreuzspitze (2185 Meter)
Karwendel:
Östliche Karwendelspitze (2537 Meter)
Estergebirge:
Krottenkopf (2086 Meter)
Wettersteingebirge:
Zugspitze (2962 Meter)
Chiemgauer Alpen:
Sonntagshorn (1961 Meter/schneefrei) -> Alternative: Geigelstein (1808 Meter)
Berchtesgadener Alpen:
Hochkönig (2941 Meter)

Das Duo hat 9 Tage für 7 Gipfel benötigt. Übernachtet wurde im Hymer Wohnmobil.

Mehr zu Caja Schöpf:

www.cajaschoepf.de
instagram.com/cajaschoepf/ 

Mehr zu Ludwig Karrasch:

www.ludwig-karrasch.de/
instagram.com/ludwigkarrasch/