Unter der Sonne des Südens

Bouldern auf der Kanaren-Insel Teneriffa

von Saskia Drechsel

Die Sonne brennt vom Himmel, auch Ende Oktober noch und ein Windhauch streicht durch das vertrocknete Flussbett Teneriffas. Der Parkplatz im kleinen Dorf Arico el Nuevo liegt nahe einer Kapelle, keine Menschenseele ist in der Mittagshitze zu sehen. Wir machen uns auf den Weg zu einem der populärsten Bouldergebiete der Insel: Der Schlucht von Arico.

Verräterische Flecken

Mit dem voluminösen Crashpad auf dem Rücken, das uns vor schmerzhaften Stürzen bewahren soll, geht es zuerst abwärts, vorbei an verwilderten Böschungen. Schon von weitem sieht man das Flussbett, von Boulderfelsen aber keine Spur. Doch unten angekommen, entdecken wir immer mehr verräterische weiße Flecken an den Blöcken. Hier ist gebouldert worden, auch wenn weit und breit keine Gleichgesinnten zu entdecken sind. Mehrere hundert Boulderrobleme* laden in der Abgeschiedenheit von Teneriffas Südosten zum Knobeln ein. Das Bouldergebiet Arico Nuevo wird gerade neu erschlossen, direkt daneben finden man im Gebiet Arico Viejo rund 150 Probleme. Gerade im vorderen Sektor der Schlucht gibt es steile und schwere Routen zuhauf, aber auch für den normalen Kletterer hat Arico eine Menge zu bieten. So machen auch wir uns an die Arbeit. Die Auswahl ist wirklich grandios. Eine kurze Pause müssen wir einlegen, als uns lautes Hundegebell in Furcht versetzt, das näher zu kommen scheint. Wilden Hunden wollen wir hier lieber nicht begegnen. Erst auf dem Rückweg stellt sich heraus: Die Hunde gehören einem Bauer eingangs der Schlucht, die schallenden Wände haben das Gebell bedrohlich wirken lassen.
Mitten im Canyon bouldert man auf Basaltblöcken. Platten oder Überhänge stellen einen Großteil der Boulder da, Halt findet man an Leisten, kleinen Löchern und Slopern. Arico Nuevo ist das ruhigere Bouldergebiet, auf Abenteuer muss man sich einstellen. Die Blöcke liegen schließlich in der weitestgehend unbearbeiteten Natur. Und gerade das macht den Reiz des Outdoor-Boulderns aus.

Bizarre Wüstenflora

Umgeben von einer bizarren Wüstenflora mit meterhohen Kakteen, dem staubigen Boden und den imposanten Felsen muss man sich oft durch das Gestrüpp zwängen, um die nächste Herausforderung anzugreifen. Ein Crashpad wird zum Muss, weil die Blöcke hoch und der Boden hart ist. Wir sind schon nach einigen Bouldern komplett geschafft, die Unterarme brennen, die Finger auch und wir beschließen am nächsten Tag wieder zu kommen. Der Strand ruft und das ist ein weiterer Pluspunkt von Teneriffa: Der Weg zum Meer ist nicht weit und an einem der vielen Strände der Insel lässt es sich wunderbar erholen.

Infos

*Boulderproblem: Das Wort bezeichnet einen Bereich in einer Route. Dieser muss durch die nötige Technik und die passende Taktik gemeistert werden.
Crashpads kann man im Outdoorladen „Tenerife Outdoor“ ausleihen. Für vier Euro kann man dort außerdem ein kleines Topo zum Gebiet kaufen
www.tenerifeoutdoor.com