Mit Mut, Kunst und Klettergeist

Beat Kammerlander, einer der weltbesten Sportkletterer, kommt am 15. April nach Böblingen

von Saskia Drechsel


Beat Kammerlander ist Sportkletterer, Abenteurer, Fotograf und Bergführer. Erst im August hat der 58-Jährige sein jüngstes Projekt abgeschlossen. Wir sprechen mit dem Extremsportler über seine Erfolge, Winterbeschäftigungen und die Entwicklungen im Klettersport.

Im August ist ihnen die Erstbegehung der Kampfzone* gelungen. Wie groß war die Herausforderung?

Beat Kammerlander: „Es war eine der Routen, von der ich selbst nicht mehr geglaubt habe, dass sie zu schaffen ist. Es war ein langfristiges Projekt über fünf Jahre. Eine Mehrseillängentour, für die man viel Mut, Kletterkunst und Klettergeist braucht. Sie liegt hoch oben im Gebirge und ist extremen Windverhältnissen ausgesetzt und erst ab Juni machbar. Wir haben zehn schöne Tage gebraucht und Mitte August stand ich endlich oben.“

Und was kommt jetzt?

Beat Kammerlander: „Ich bin schon auf der Suche nach der nächsten Herausforderung und habe noch viele Ideen im Hinterkopf. Jetzt kommt aber erst mal der Winter.“

Sie sind achtundfünfzig und trotzdem geht es immer weiter?
Beat Kammerlander: „Natürlich muss auch ich den einen oder anderen Rückschlag hinnehmen. Meine Meniskusprobleme haben mich etwa zu Pausen gezwungen. Aber dann muss man Verlorenes eben wiederherstellen. Ich werde älter und schwächer, man muss den Abbau akzeptieren.“

Was macht ein Beat Kammerlander im Winter?

Beat Kammerlander: „Skitouren und Eisklettern natürlich. Als Berg- und Skiführer arbeite ich gerne mit Gästen im Schnee und lasse mir Freeriden und Powdern nicht entgehen. Ob am Arlberg oder dem Silvrettagebiet, ich kann es mir aussuchen. Gleichzeitig biete ich Kletterkurse im Eisklettern an und bin immer dabei, neue Möglichkeiten zu finden. Natürlich wird im Winter auch fürs Klettern hart trainiert, um die Fitness zu halten.“

Wo klettern Sie denn am liebsten?

Beat Kammerlander: „Das ist abhängig von der Jahreszeit. Zu Hause in Vorarlberg bin ich aber am liebsten. Da habe jede Menge Möglichkeiten direkt vor der Haustüre. Ich fahre fünf Minuten bis zur ersten Route.“

Wohin entwickelt sich in Ihren Augen der Klettersport?

Beat Kammerlander: „Er geht in Richtung Breitensport und deswegen kommen neue Herausforderungen auf uns zu. Der Sport muss sicherer werden, deswegen wird alles reglementiert und es gibt weniger Leute, die Routen erschließen. Das Abenteuer leidet darunter. Gleichzeitig kommen junge Kletterer nach, die ein unheimliches Leistungsvermögen haben.“

Immer wieder kommt es zu Todesfällen ...

Beat Kammerlander: „Ich habe einen guten Freund verloren, Dean Potter, der im Yosemite-Nationalpark verunglückt ist, so was hinterlässt Spuren und schmerzt natürlich. Aber wer eine Zeit lang auf der Welt ist, verliert eben Freunde und beim Klettern passiert vergleichsweise wenig. Oft sehe ich Leute, die beim Alpinklettern, Eisklettern, Skitourengehen und Freeriden Risiken auf sich nehmen, obwohl sie weder über Erfahrung, noch über gute Ausrüstung verfügen.“

Am 15. April sind sie ab 18 Uhr auf der Messe „Erlebnis Outdoor“ in Böblingen zu Gast. Auf was dürfen sich die Besucher freuen?

Beat Kammerlander: „Ich werde in meinem Vortrag „Visionäre der Vertikalen“ von der Geschichte des Kletterns im Rätikon und von den Anfängen des extremen Alpinismus bis zu den Meisterleistungen der heutigen Zeit erzählen. In vielen Regionen wurde Alpingeschichte geschrieben. Von den frühen Achtzigern bis heute gab es eine tolle Entwicklung, eine Menge schwieriger Routen wurde bezwungen. Es ist ein multimedialer Vortrag, in dem ich von meinen Erfolgen und den Highlights anderer Kletterer erzähle.“

*Die „Kampfzone“ ist eine Mehrseillängen-Kletterroute über 120 Meter mit fünf Seillängen und dem Schwierigkeitsgrad UIAA 11-. Die Route hat einen sehr sehr hohen Schwierigkeitsgrad, den fast nur Ausnahmetalente beherrschen und befindet sich im Rätikon.