"Das ist eine Hardcore-Destination"

Weltklasse-Kletterin Angela Eiter aus Imst will eine 11+ knacken

von Steffen Müller

Angela Eiter ist eine der besten Kletterinnen der Welt. Die 30-Jährige aus Imst in Tirol ist mehrfache Weltcup-Gesamtsiegerin und Weltmeisterin in der Disziplin Lead (Schwierigkeitsklettern). Nach dem Ende ihrer Wettkampfkarriere konzentriert sie sich aufs Bouldern und vor allem aufs Felsklettern. Hier hat sie als nächstes Großprojekt eine 11+ im Visier.

Abenteuer Alpen sprach mit der Ausnahme-Sportlerin über den Reiz großer Wände, über Klettern als Olympische Sportart und über ihre Heimat, in Imst.

Eine 11+ ist eine gewaltige Herausforderung. Hast Du Deine Route schon gefunden oder bist Du noch auf der Suche?

Angela Eiter: "Es ist noch nichts offiziell, denn ich arbeite im Moment fest an diesem Ziel. Sie wird aller Voraussicht nach in Andalusien sein. Ich war jetzt erst wieder in Spanien und eines kann ich definitiv sagen: es gibt dort eine Menge brutal schwerer Routen. Das ist eine absolute Hardcore-Destination. Eine geeignete Route zu finden, die meinen Stärken und meiner Körperkonstitution entspricht, ist eine große Hürde, da diese neue Schwierigkeitsstufe mein absolutes Limit ist und hier alles stimmen muss."

Ist das ermüdend oder liegt genau darin der Reiz?

Angela Eiter: "Es gehört für mich irgendwie zur Faszination des Felskletterns. In der Halle kann ich zwar meine Technik trainieren, wenn es nach draußen und in andere Länder geht hängt da aber noch viel mehr dran. Das hat mit Abenteuer und Freiheit zu tun."

Du hast 2013 nach zahlreichen Weltmeistertiteln und Weltcupsiegen mit dem Wettkampfklettern aufgehört. Hat sich Dein Trainingspensum seitdem verringert oder ist der Aufwand beim Felsklettern ähnlich?

Angela Eiter: "Der zeitliche Aufwand ist nahezu gleich, nur die Anforderungen unterschieden sich. Beim Felsklettern benötigt man allein für die Suche nach den Routen schon viel Zeit. Das eigentliche Trainingspensum an der Wand ist etwas geringer. Bei meinem lädierten Körper wäre die damalige Intensität auch nicht machbar. Am linken Oberschenkel habe ich mit einer gerissenen Sehne zu kämpfen, außerdem macht mir meine ehemals operierte Schulter bei zu intensiven Belastungen zu schaffen. Deshalb trainiere ich gezielter. Ich bin eben auch schon 30 Jahre alt... Mit dem Felsklettern und meinem Engagement als Nachwuchs- und Breitensport-Trainerin habe ich mir sukzessive ein neues Standbein aufgebaut."

Beim Klettern in der Halle sind die Gefahren  sofern man beim Sichern nicht leichtsinnig wird  überschaubar. Wo liegen die Tücken beim Felsklettern?

Angela Eiter: "Allein schon wegen möglicher Wetterumschwünge und brüchigen Gesteins muss man draußen vorsichtiger sein. Mit entsprechender Erfahrung und Sicherungstechnik lässt sich das Risiko aber minimieren."

Du hast schon unzählige Klettergebiete rund um den Globus gesehen. Wie würdest Du Deine Heimatregion Imst charakterisieren?

Angela Eiter: "Rund um Imst gibt es für jeden etwas. Von Routen für Anfänger bis hin zu extremen Wänden. Obwohl ich hier lebe und aufgewachsen bin, wird es nie langweilig. Zudem ist die Natur hier noch intakt. Absolut gigantisch ist das Gebiet rund um die Muttekopfhütte, Hier findet man nicht nur atemberaubende Kletterrouten, sondern auch Idylle pur und eine umheimlich abwechslungsreiche Gebirgslandschaft."

Klettern steht für die Olympischen Sommerspiele 2020 in Tokio wieder auf der so genannten Short List  - warum gehört die Sportart ins Programm?

Angela Eiter: "Klettern ist mehr als ein Trendsport. Die Zahl der aktiven Kletterer geht seit Jahren nach oben, die Leistungen, die in der Spitze gezeigt werden, sind enorm. Die zusätzliche Aufmerksamkeit als olympische Sportart würde das Interesse natürlich nochmal erhöhen. Stellt sich nur die Frage, wie der Modus aussehen soll. Im Moment ist eine Kombination aus Lead, Bouldern und Speed in der Diskussion - also quasi eine Art Allroundwertung. Sportlich wäre meines Erachtens zwar eine reine Boulder- oder Lead-Wertung aussagekräftiger, für die Zuschauer ist der Kombinations-Modus aber sicher attraktiv. Insofern könnte man auch damit leben."

Wie schaltet man als Profi-Kletterin eigentlich ab - in den Bergen oder möglichst weit entfernt?

Angela Eiter: "Ich kann bei mir zu Hause wunderbar entspannen. Dann aber weniger beim Klettern, sondern beim Wandern oder bei einer ausgedehnten Schneeschuhtour."

Infos

Zur Person:
Angela Eiter wurde am 27. Januar 1986 in Imst (Tirol) geboren und wuchs im Pitztal auf.

Größte Erfolge im Wettkampfklettern:
Weltmeisterin 2012/ 2011/ 2007/ 2005 (Disziplin Lead/Schwierigkeitsklettern)
Europameisterin 2010
Weltcupgesamtsiegerin 2006/ 2005/ 2004
Weltcupgesamtsieg Combined 2006
Siege beim Rock Master
2012/ 2009/ 2007/ 2005/ 2004/ 2003
Sieg bei den World Games 2005 in Duisburg


Felsklettern:
"Big Hammer" (9a [französische Skala], 11 [UIAA-Skala]), Pinswang, Österreich, November 2014
"Nostalgischer Bastard" (8c+, 11-/11), Prutz, Österreich, November 2014
"Hades" (9a, 11), Nassereith/Götterwandl, Österreich, September 2014
"Zauberfee" (8c+, 11-/11), Arco/Eremo, Italien, September 2014
"Era Vella" (9a, 11), Margalef, Spanien, April 2015

Beim Bouldern bewältigte sie als Höchstschwierigkeit eine 8b

Mehr unter www.angelaeiter.com im Netz.