7 Mann, 6 Tage und ein Mountainbike-Walhalla

Wunderbares Wallis: Umgeben von den Gipfeln der 38 4000er gibt’s spannende Trails und Naturerlebnisse im Überfluss

von Dirk Hamann

Sieben Mann, ein Ziel: Sechs Tage auf dem Mountainbike die endlosen Trails im Wallis unter die Räder nehmen.  Start- und Zielort ist ein angemietetes Ferienhäuschen in Herbriggen - eine kleine Ortschaft im Mattertal, rund 15 Kilometer unterhalb von Zermatt gelegen. Ein Basislager, das alles bietet, was es für die Abenteuerwoche braucht. Mit Bahnhof, Supermarkt und einer direkten Anbindung zum Matterhorn Valley Trail.
Auf dem Plan stehen downhill-lastige Touren in Grächen, Leukerbad, Gspon, Unterbäch, am Matterhorn und am Aletsch-Gletscher. Jeder Tag ist pickepacke vollgestopft mit Fahrspaß und immer neuen Naturerlebnissen. Fazit der Reise: Mehr geht nicht. Das Wallis ist das Walhalla für Mountainbiker.
Tipp: Ein Urlaub im Wallis muss nicht teuer sein. Es gibt Ferienhäuser in bester Lage, die vielleicht nicht mehr ganz modern daherkommen, in denen es aber auch nichts mangelt, was man zum Leben braucht. Und, die inklusive Kurtaxe und Strom  für eine siebenköpfige Gruppe schon ab 900 Euro für die ganze Woche zu haben sind.

Tag 1, Grächen

Zum Einrollen geht’s auf dem Matterhorn-Valley-Trail von Herbriggen nach St. Nikolaus und von dort mit dem Postbus rauf nach Grächen. Oben angekommen geht’s rein in die märchenhafte Hannigalp-Bahn, oben beginnt die selbst zusammengestellte Tour. Zunächst einmal ist der Hannig-Loop an der Reihe. Eine knackige, anfangs mit 500 knackigen Höhenmetern gespickte Runde, die einiges zu bieten hat. Schweiß, einen permanenten Blick aufs Weißhorn. Und, oben angekommen, einen leicht ruppigen, aber immer gut befahrbaren Trail der solange abwärts führt, bis er irgendwann auf einen Schotterweg trifft, der auf dem Rückweg zur Hannigalp Gelegenheit zum Verschnaufen gibt.
Weiter geht der Spaß ab der Hannigalp auf einer einfach zu fahrenden aber nie langweiligen 5 Kilometer langen Downhill-Strecke, die für die ganze Familie angelegt ist. Ein See markiert den am Endpunkt dieses Vergnügens, ab einer Stelle namens Z’Seew geht’s durch zauberhafte Wäldchen und flowigen Trails Tritt für Tritt in Richtung Gasenried. Hier ist der Einstieg zum fast 14 Kilometer langen Mattsand-Enduro. Eine Strecke wie gemalt für Mountainbiker. Rund eineinhalb Stunden braucht es, um einen Trail wie aus dem Katalog 150 Höhenmeter bergauf und 650 Höhenmeter bergab zu bewältigen. Unten in Mattsand angekommen ist das Ferienhaus in Herbriggen nur noch zwei Kilometer entfernt.

Tipp: Der Postbus ist im Wallis bestens auf Mountainbike-Transport eingestellt. Allerdings sollte man sich seinen Rad-Platz vorher online reservieren. Sind es zu viele Fahrräder, packt der Fahrer noch einen Anhänger hinten dran.

Tag 2, Leukerbad

Mit dem Auto geht’s die 40 Kilometer von Herbriggen nach Leuk, von dort mit dem Postbus nach Leukerbad. Ziel ist der Torrent-Trail, der zu den schönsten Strecken im Wallis zählt. Starten kann man ihn bequem mit einem Gang in die Torrent-Gondel und oben angekommen ab der Rinderhütte. Die etwas mehr als 1000 Höhenmeter nach oben geht’s aber auch mit Muskelkraft. Die erste Hälfte ist die aussichtsreiche Kletterei angenehm auf Asphalt zu bewältigen, danach wird’s beschwerlich aber machbar. Trotz müder Beine lässt sich der Torrent-Trail, der auf einem Kamm mit Blick auf das Rhone-Tal führt von anfang an genießen. Mal flowig, mal, ruppig ist er zunächst rund 15 Kilometer lang gespickt mit knackigen kleinen Anstiegen und feinen Abfahrten. Am Ende der spaßigen Plagerei wartet eine Abfahrt, die jedes Mountainbiker-Herz Purzelbäume schlagen lässt. Endlos lang warten Spitzkehren im Wald, Flowtrails, die über Lichtungen führen und anspruchsvolle Geröllwege bis runter nach Getwing – und von dort auf dem Radweg ganz gemütlich zum Bahnhof nach Leuk zurück.

Tipp: Unterwegs kommt man auf dem Torrent-Trail an einem Bauernhof in der Nähe von Brentschen vorbei. Mit wunderbarer Aussicht der ideale Ort für einen Einkehrschwung.

Tag 3: Gspon

Das dritte Abenteuer beginnt vor der Haustür in Herbriggen. Los geht’s erneut auf dem Matterhorn-Trail talabwärts nach Stalden. Ab St. Nikolaus zeigt der Weg, was in ihm steckt, die anfängliche Asphaltpiste verwandelt sich in einen anspruchsvollen Trail, der kurz vor dem Zwischenziel sogar noch eine saftige Steigung bietet. Den Lohn dafür gibt’s auf einem Kamm oberhalb Staldens: Eine Aussicht vom feinsten plus eine spaßige Abfahrt runter zur Gondel. Gondel? Muss sein, sonst ist der eigentliche Ausgangspunkt der Tour, das Bergdörfchen Gspon, nur unter größter Anstrengung zu erreichen. Von der Bergstation führt ein Waldweg durch das Naturwaldreservat Sädolwald meist nach oben zum Gibidumpass, ein Hochplateau von dem aus die Walliser und Berner Alpen ihre volle Wucht erkennen lassen. Vom Gibidumpass aus führt ein steiler, aber gut fahrbarer Trail in das wilde Nanztal. Weiter bergab geht’s auf technisch anspruchsvolleren Trails in Richtung Brig-Glis runter ins Tal. Von Brig aus führt der Radweg zum Ausklang zum Bahnhof nach Visp. Der Zug bringt müde, aber glückliche Mountainbiker zurück nach Herbriggen.

Tipp: Nach anstrengender Tour lohnt sich zum Abschluss ein Einkehrschwung in Brig oder Visp. Beide Städte bieten einen schmucken Ortskern mit feiner Gastronomie, wo sich der Tag noch einmal gut Revue passieren lässt.

Tag 4: Unterbäch

Der Matterhorn-Trail ist an Tag vier erneut die erste Adresse. Aber zunächst bringt das Auto, um Zeit und Kräfte zu sparen, Fahrer und Bikes nach Stalden. Dann führt der Weg  runter bis nach Visp, wo das Einrollen ein paar Kilometer auf dem Radweg nach Raron seine Fortsetzung findet. Mit der Gondel geht’s anschließend rauf nach Unterbäch – und von hier aus mit dem Bike auf dem Schoß in einem Sessellift weiter nach oben zur Brandalp. Der Beginn einer abwechslungsreichen Bikeroute. Erst führt der Weg entspannt nach links in Richtung Bürchen. Dann geht’s rund 450 anstrengende Höhenmeter hoch zum Moosalppass. Es folgt eine verspielter Weg mit Panoramablick auf die Gipfel des Saastals und von Zermatt bis nach Embd. Danach geht’s auf dem Kalpetran Enduro 1100 zum Teil ebenso anspruchsvolle wie spaßige Höhenmeter bergab nach Kalpetran ins Mattertal – auf dem Matterhorn-Trail führt die Route zurück zum Auto nach Stalden.

Tipp: Ein paar Meter unterhalb der Moosalp befindet sich das urige Restaurant Panorama mit feiner Terrasse, prima Aussicht und ungemein herzlichen Wirtsleuten, die wissen, ihre Gäste großzügig mit Spezialitäten aus dem Wallis und zu verwöhnen.

Tag 5: Matterhorn

Von Herbriggen aus lässt sich Zermatt, das schmucke Städtchen das unterhalb des Matterhorns liegt, bequem mit dem Zug erreichen. Oder sportlich mit dem Rad - 400 Höhenmeter auf 15 Kilometer Straße lassen sich leicht bewältigen. Das Gebiet rund ums Matterhorn bietet eine Vielfalt an feinen Touren mit 100 Kilometern Trails. Die spannendsten Trails finden sich nach einer Fahrt mit der legendären Bahn rauf zum Gornergrat. Es geht aber auch erst einmal ohne Bahn oder Gondel hoch in Richtung Matterhorn. Ein nicht allzu schwerer, 400 Höhenmeter langer Aufstieg führt von Zermatt zur Mittelstation Furi – ab hier geht’s weiter mit der Gondel zum Schwarzsee: nirgends sonst in diesem Gebiet kommt der Mountainbiker dem Matterhorn näher. Der ideale Spot auch für eine herausfordernde Abfahrt, für die mehrere Varianten zur Verfügung stehen. Ein Trail führt runter bis nach Zermatt – und von dort aus weiter bis nach Herbriggen. Eine runde Sache.

Tipp: Das Gebiet am Schwarzsee eignet sich hervorragend für Foto-Shootings. Glück haben muss man allerdings, um dabei das Matterhorn nicht mit Wolken umhüllt und somit in seiner vollen Pracht im Hintergrund abbilden zu können.

Tag 6: Aletsch-Gletscher

Den Höhepunkt gibt’s zum Schluss der Reise: Eine Tour am Aletschgletscher. Eine, die alles miteinander vereint, was Mountainbiker glücklich macht: Naturerlebnisse noch und nöcher, Trails, Trails, Trails, knackige Aufstiege und anspruchsvolle Abfahrten.
Mit dem Auto startet der Tross und macht sich diesmal auf den Weg zum Bahnhof nach Mörel, von wo aus der Zug die Weiterfahrt nach Fiesch erledigt. Anschließend geht’s mit der Gondel rauf zur Fiescheralp, wo das eigentliche Abenteuer beginnt. Erster Orientierungspunkt ist Bettmeralp, dazu einfach dem roten Mountainbike-Schild folgen und die variantenreichen Trails und die grandiose Aussicht genießen. Ab Bettmeralp folgt, am Blausee vorbei, der kernige Aufstieg Richtung Mossfluh, der auch Schiebepassagen beinhaltet. Oben angekommen gibt’s für die Mühen den vollen Lohn: Denn der imposante Aletschgletscher liegt den Klettermaxen zu Füßen – dazu gibt’s links anspruchsvolle Flowtrails, rechts anspruchsvolle Flowtrails. Und dazu die Gewissheit, dass es ab sofort fast nur noch bergab geht. Das nächste Ziel heißt Riederalp. Und dann geht’s, runter. Bis auf einen kurzen Zwischenstich nur noch runter. So lange runter, dass die Kraftreserven dankbar sind, als die Bikes endlich direkt in Mörel ankommen. Dort geht’s rein ins Auto und zurück nach Herbriggen. Am nächsten Tag noch `ne Tour? Muss nicht sein. Mehr Mountainbike-Erlebnisse braucht’s nicht, um glücklich zu sein.

Tipp: Für den Zwischenstopp am Aletschgletscher ruhig ein, zwei Stunden Zeit einplanen. Für einen Einkehrschwung, für Fotos und einfach dafür, dieses Naturschauspiel zu bewundern.

Bilder: Hamann