Ist Graveln das neue Mountainbiken? Oder Rennradfahren 2.0? Eins ist sicher: Das Gravelbike ist gekommen, um zu bleiben, und es macht einen Heidenspaß, mit dem vielseitigen Rad neue Grenzen auszuloten und Südtirol zu erleben, wie man es vorher vielleicht noch nie gesehen hat.
Gehen wir zurück an den Anfang. Was ist ein Gravelbike überhaupt? „Kurz gesagt: ein Rad, das sich auf Asphalt fast so gut wie ein Rennrad fährt und auf Schotter fast so gut wie ein Hardtail“, erklärt Michaela Zingerle von den „BikeHotels“ Südtirol. „Das heißt jetzt nicht, dass das Rad ein fauler Kompromiss ist. Im Gegenteil! Seit das Gravelbike in meinem Fuhrpark steht, bleiben meine anderen Räder immer öfter in der Garage stehen.“
Unglaublich vielseitig
Das Coolste am Gravelbike ist seine Vielseitigkeit. Diese macht es zum Wegbereiter und zum regelrechten Wege-Öffner. Wenn mit dem Rennrad Schluss bei Schotter ist und mit dem dick bereiften Mountainbike jede Teerstraße nicht mehr als ein notwendiges Übel darstellt, ist dem Gravelbike der Untergrund ziemlich egal.
Auf der Straße haben die Räder ordentlich Vortrieb und auf Schotter macht es dank komfortabler Geometrie, guter Scheibenbremsen und breiterer Bereifung auch noch Freude. Kein Wunder, dass die Gravelbikes immer beliebter werden: „Vergangenes Jahr hat in Südtirol das Biken im Allgemeinen und das Graveln im Besonderen einen regelrechten Boom erlebt“, bestätigt Markus Troger vom Bikestore in Niederdorf, einem der kultigsten Bikeshops in Südtirol.
„Reisen und sich von einer Gemeinde in die nächste mit dem Auto zu bewegen, war ja ein schwieriges Unterfangen und die Locals waren es bald leid, immer das Gleiche zu fahren. Das Gravelbike hat es ihnen erlaubt, direkt vor der Haustür noch gänzlich unbekannte Touren zu unternehmen, einfach durch die Kombination aus Teer- und Schotterstraßen sowie einfachen Trails.“
Comeback der Klassiker
Was auffällig ist: Mit dem Gravelbike werden in Südtirol plötzlich wieder Touren cool, die vor mehr als zehn Jahren mit dem Mountainbike gefahren wurden und in der jüngsten Vergangenheit in Vergessenheit geraten sind. „Früher waren unsere geführten MTB-Touren ordentlich lang: 1500 Höhenmeter waren Standard, mehr als 30 bis 40 Kilometer im Sattel auch. Das ist heute kaum mehr gefragt: Mountainbikerinnen und Mountainbiker suchen mehr den Genuss, sie suchen Trails. Lange Asphalt-Passagen sind langweilig. Und wollen sich im Urlaub nicht kaputt treten“, weiß Agnes Innerhofer vom gleichnamigen „BikeHotel“ in Gais und nennt die Klammlrunde als Paradebeispiel für so eine Tour. Heute erlebt die Klammlrunde dank des Gravelbikes ein Revival: Sie ist immer noch gleich lang, folgt immer noch den gleichen Straßen und Schotterwegen, macht mit dem Gravel aber ungleich mehr Spaß: „Auf der Straße ist man dank einer recht aerodynamischen Position und Untergriff am etwas breiteren Rennradlenker flott unterwegs, sowohl auf der Passstraße zum Stallersattel als auch auf den Schotterstraßen auf der Hinterseite des Passes“, bestätigt Michaela Zingerle von den „BikeHotels“ Südtirol.