Angespannte Lawinensituation in den Alpen

Das muss man jetzt beachten

von Steffen Müller

Schnee, Regen, Sturm, rasant wechselnde Temperaturen. Die Wetterverhältnisse in den Alpen sind derzeit turbulent - und brandgefährlich. In den vergangenen Tagen gab es gleich mehrere tödliche Lawinenunglücke. Im Vinschgau kamen am Mittwoch eine 45-jährige Mutter und ihre 11-jährige Tochter aus Ludwigsburg ums Leben.

Lawinenwarndienste raten derzeit grundsätzlichen von Ausflügen ins ungesicherte Gelände ab. Doch auch wenn sich die extreme Situation wieder entspannt hat, ist eine gute Ausbildung entscheidend, um das Risiko zu minimieren. Worauf es abseits der Pisten ankommt und welche Gefahren außer Lawinen auern, sagt der staatlich geprüfte Berg- und Skiführer Wolfgang Huhn* aus Tübingen:

"Der Tiefschnee lockt, aber das Skifahren im freien Gelände abseits der Pisten ist mit erhöhten Risiken verbunden. Da ist die Lawinengefahr, die sehr schwierig einzuschätzen ist. Die Orientierung kann erschwert sein und die Gefahr, sich zu verirren, ist groß. Wenn keine Aufstiegsmöglichkeiten mit Fellen und Tourenbindung gegeben sind, wenn es also keinen Weg zurück gibt, kann das fatale Folgen haben.

Gefährliche Euphorie

Die Euphorie, die frisch verschneite Hänge auslösen, kann hoch motivierte Wintersportler schnell um den Verstand bringen. Gerade in der Gruppe schaukelt sich immer wieder ein kritisches, riskantes Verhalten hoch, Bedenken werden unterdrückt, Vorsichtsmaßnahmen vernachlässigt. Oft wird anderen Sportlern einfach hinterhergefahren, ohne dass deren Verhalten kritisch beurteilt oder ihr Können eingeschätzt werden kann. Aber nur, weil da schon Spuren in den Tiefschnee führen, heißt das noch lange nicht, dass das eine gute Abfahrt auch für andere ist.
Abseits des gesicherten Skiraumes können Sturzverletzungen wie blutende Wunden, Bänder- oder Knochenverletzungen in kurzer Zeit zu großen Problemen werden. Schnelle Hilfe von außen ist schwierig, und ein Notruf per Handy oft nicht möglich. Die Gruppe ist auf sich selbst gestellt. Wer alleine verunfallt, hat noch ein paar Probleme mehr. Wer verantwortungsvoll ins Gelände starten möchte, sollte mit den Verhältnissen am Berg, den Gegebenheiten im Gelände und den Menschen um sich herum vertraut sein, um immer eine richtige Entscheidung treffen zu können.

Gute Ausbildung ist entscheidend

Um beim Tiefschneefahren Unfälle vermeiden zu können, muss man gut ausgebildet sein. Neben dem Deutschen Alpenverein bieten verschiedene Institutionen Kurse an. Die Ortovox Safety Academy zum Beispiel ist eines der größten Ausbildungsprogramme. Im Bregenzerwald führen die Bergführer der Alpinsportschule Bergfühlung Basic- und Advanced-Lehrgänge durch. Bei ein bis drei Tage dauernden Ausbildungsblöcken werden Themen wie Tourenplanung und Risikomanagement geschult – in Theorie und Praxis.
Auch auf Unfallsituationen wird man vorbereitet. Mit einer mobilen Verschütteten-Suchanlage können unterschiedliche Unfallszenarien simuliert und trainiert werden. Das Ausgraben und Versorgen von Verschütteten sollte systematisch erfolgen, denn Schnelligkeit ist Trumpf. Da die Kurse vor allem im Gelände stattfinden, ist immer viel Spaß dabei, und es gibt eigentlich keinen Grund, ohne Ausbildung ein erhöhtes Risiko auf sich zu nehmen."