Pures Glück beim toten Pferd

Grandiose Kulisse beim Mountainbiken in Utah

von Saskia Drechsel

Wir rollen los auf dem glatten roten Sandstein, es geht in schnellem Wechsel auf und ab und alles vor der atemberaubenden Kulisse verschiedenster Canyons.
Flowige Trails scheinen hier in Utha erfunden worden zu sein. Dabei liegen all die Stecken, die das Bikerherz höher schlagen lassen ziemlich abseits größerer Städte. Von Denver aus ist man einen Tagestrip unterwegs bis ins MTB-Paradies Moab, wo man allerdings locker einige Wochen voller Abenteuer verbringen könnte. Zwei Nationalparks liegen in direkter Nähe der Stadt.
Der Arches Nationalpark mit seinen Steinbögen von denen viele unwirklich fragil sind und der Canyonlands Nationalpark, ein eher unbekannter Park in dem man neben der Einsamkeit eine unglaubliche Landschaft voller Canyons finden kann. Der Dead Horse State Park steht seinen beiden großen Brüdern landschaftlich in nichts nach, allerdings mit einem großen Unterschied: Hier durften Routenbauer meisterhafte Trails auf dem gesamten Gebiet verteilen und Mountainbiker kommen voll auf ihre Kosten. Auf viele übt die Gegend eine magische Anziehung aus. William kommt seit Jahren aus New York nach Moab, um sein Hobby in einer der besten Mountainbike-Gegenden der USA ausleben zu können.

Von Hawaii ins Paradies

Noel hat sich gar ganz hier niedergelassen. Von Hawaii siedelte der nach Moab über. „Ich habe hier regelmäßig zum Mountainbiken Urlaub gemacht, irgendwann wollte ich bleiben.“ Nun ist der IT-Spezialist dank flexibler Arbeitszeiten zusätzlich seit sieben Jahren Mountainbikeguide und liebt die neue Freiheit. „Ich kann jeden Tag nach draußen und in der wunderschönen Landschaft biken.“ Im Dead Horse State Park kennt er sich bestens aus. Vor wenigen Jahren wurden hier von einer Gruppe, die sich Trailmix nennt, staatlich geförderte Trails erbaut, die vor allem von Mountainbikern genutzt werden. Inzwischen verfügt der State Park über ein gut ausgebautes Netz. Rund um Moab sind es rund 200 Trail-Meilen, die auch E-Mountainbikern offen stehen.
Wir genießen den “Dead Horse Point Single Trail“, der auch für Fortgeschrittene einige Herausforderungen bietet. Theoretisch überwinden wir auf knapp 25 Kilometern nur wenige Höhenmeter. Praktisch wechseln sich bergauf und bergab ständig ab, sodass eine entspannte Pause kaum möglich ist. Zuerst geht es über ein Gelände mit einigen Büschen und tückischen Wurzeln. Es ist bedeckt und regnet leicht – ein Glücksfall. Auch im Spätsommer kann es im US-Bundesstaat Utha ganz schön heiß werden, knapp vierzig Grad Celcius sind hier keine Seltenheit. So wird die Fahrt bei angenehmen Temperaturen zum puren Genuss. Herausfordernd ist der Trail, man kommt aber schnell in den richtigen Rhythmus und fährt immer rasanter. Bald wird das Gelände felsiger und die Strecke anspruchsvoller, nun sind einige drops und andere gewagte Manöver nötig. Inzwischen haben wir uns dem „rim“ angenährt und haben nun ein ganz anderes Problem: Der Ausblick in den Canyon und den in der Ferne liegenden Nationalpark Canyonlands ist so atemberaubend, dass er Blicke magisch anzieht, Blicke die eigentlich hochkonzentriert auf den Trail gerichtet sein sollten. Wir lösen den Konflikt mit vielen Pausen, blicken am Colorado River Overlook zum ersten Mal nach unten in den knallroten Canyon.

Am Abgrund

Weiter geht die Strecke quasi am Abgrund entlang und eröffnet eine neue Dimension nach der anderen mit spektakulären Weitblicken. Die zusätzliche Motivation tut gut, denn so langsam brennen die Beine ob der auf dem Papier nicht existierenden Höhenmeter. Nun werden die Abfahrten länger, wir cruisen mit hohem Tempo dem Canyonrand entgegen und müssen uns konzentrieren um den Kopf nicht immer mal wieder zu heben. Doch schon sind wir am Pyramid Canyon Overlook angekommen und schauen nun auf abstrakt wirkende Felstürme aus rotem Sandstein. Das schlechte Wetter verzieht sich langsam und so blicken wir weit in die Ferne der Canyon-Landschaft, die mit Worten nicht zu beschreiben ist. Die folgende Fahrt führt über einen wunderschön gebauten Teil des Singletrails, wir steigern das Tempo und genießen den Flow.

Unfallfrei und glücklich

Glücklicherweise unfallfrei kommen wir am Big Chief Canyon Overlook an. Der Aussichtspunkt lädt zum Verweilen ein, erblickt man doch sogar die La Sal Mountains. Dann gibt es noch einen Bonus an landschaftlichen Highlights. Noel führt uns zum schönsten Aussichtspunkt des Dead Horse State Parks. Vom Dead Horse Point Overlook aus blickt man auf eine 180 °Windung des Colorado Rivers. Die atemberaubende Landschaft ist voll von skurrilen Felsformationen, auch das Hinterland des Canyonlands Nationalparks ist zu sehen. Unter uns liegt auch der Grund für den abstrusen Namen des State Parks. Die eine Version ist, dass die Felsformation tief im Canyon wie ein totes Pferd aussieht. Die spannendere aber geht, der Legende nach, auf ein Ereignis kurz vor der Jahrhundertwende zurück. Damals lebten auf den Mesas wilde Mustangs. Diese wurden von Cowboys auf den Felsvorsprung getrieben und an dessen engster Stelle mit einem Zaun abgesperrt. Dann fing man die Mustangs und versuchte, sie zu zähmen, die besten Pferde wurden mitgenommen, die übrigen zurückgelassen. Sie verendeten auf dem Felsen.

Infos

Dead Horse Point State Park:

Der kleine State Park befindet sich im Osten von Utah, etwa 50 km von der Kleinstadt und Mountainbike-Metropole Moab entfernt. Sie dient als Ausgangspunkt für den Besuch des Arches National Parks sowie des Canyonlands National Parks.
Von Moab aus folgt man Highway 191 etwa 20 km nach Norden, bis man links auf die Abzweigung zur UT-313 trifft. Nach weiteren gut 20 km auf der UT-313 geht es geradeaus in den Island-in-the-Sky- District, während man wiederum links zum Dead Horse Point abbiegt und diesen nach gut 12 Kilometer erreicht – hier weist nur ein kleines Schild auf die Abzweigung hin.
https://stateparks.utah.gov/parks/dead-horse/