auf die in Terrassen angelegten Felder im Tal und auf das glitzernde Wasser des Atlantiks. Gleitschirmflieger nutzen die Thermik des Tages. Sie passieren uns lautlos auf ihrem Weg nach unten. Wir pausieren auf einem aufgewärmten roten Fels, verlieren uns im Weitblick und beobachten eine Salamander-Ko- lonie, die sich über die Krümel unserer Brotzeit hermacht. Gekonnt nutzen die kleinen schwarzen Schatten jede Felsspalte als Fluchtweg. Wir wandern wieder abwärts, freuen uns darauf, in Flip Flops zu schlüpfen und Richtung Hafen von Vueltas zu tingeln. Über die Schweinebucht, die ihren unrühmlichen Kosenamen den dort lebenden Einsied- lern verdankt, gehen wir gut anderthalb Kilometer weiter zwischen Fels und Wasser. Die Straße wirkt als führe sie zu einem Steinbruch. Stattdessen landen wir im tropischen Fruchtgarten Argada, in dem mehr als 160 Obstsorten kulti- viert werden und über den Jahresverlauf heranreifen. Wir kosten Kaktusfrüchte, Chirimoya und japanische Wollmispel, lutschen Pitanga, die wie Werthers Echte vom Baum aussehen und auch so schmecken und sind überrascht, wie aromatisch eine reife Sternfrucht auf der Zunge zergeht. Wo Gandalf und Elfen leben könnten Das Herz von La Gomera ist Grün und wild, ein subtropischer Urwald, ein Wasserspeicher, der ein Zehntel der Insel bedeckt. In seinem Zentrum ist der Nationalpark Garajonay, der einen über 1.000 Jahre alten Lorbeerwald schützt. Wer einen schwachen Magen hat, wird die kurvige Autofahrt dorthin vom Valle aus hinauf zur Panoramaroute nicht wirklich genießen. Doch Übelkeit weicht schnell Erfrischung. Mit jedem Schritt abwärts in den ehemaligen Vulkankrater wird es kühler und mystischer. Son- nenstrahlen kommen selten durch den dichten Bewuchs. Falls doch, setzen sie einen Stamm so in Szene, als stünde man vor dem brennenden Dornbusch am Berg Sinai. Fast jeder Ast und jeder Stamm ist mit Moos bedeckt. Farne streicheln mich, knorrige Wurzeln werden zu verzerrten Trollgesichtern, die um die Ecke lugen. Ich fühle mich an Tolkins Buch „Herr der Ringe“ erinnert und bin mir sicher, dass Gandalf seine wahre Freude an La Gomera hätte. Je tiefer wir hinein wandern, desto länger werden die Moosbärte der Bäume. Sie speichern die Feuchtigkeit aus den Wolken, die der Passatwind im Norden bildet und von den Berggipfeln aufgeris- sen werden. Große Informationstafeln sorgen für reichlich Wissen im Vorbei- laufen und für Orientierung, die man sich per QR-Code downloaden kann. Wir lernen, dass der Zauberwald seine eigene Sozialstruktur hat und Gästen auch praktische Alltagshilfen liefert: Blätter von „Hakle Feucht“ bis „Hakle Dreilagig“. Noch mehr erfahren wir im Informati- onscenter des Nationalparks, das wir auf dem Weg zu unserer zweiten Unterkunft aufsuchen. Feliz Navidad mit Sand im Getriebe Hermigua grenzt an den Nationalpark. Es zählt zu den beliebtesten Örtchen La Gomeras. Wasserreiche Schluchten versorgen seine Plantagen und besche- ren der Region die größten Bananenern- ten von ganz Gomera. Früher wurden die Stauden direkt hier verladen. Das geschah per Kran, weil die Schiffe der hohen Wellen wegen nicht an der Hafenmole anlegen konnten. Vier aus dem Meer ragende Betonpfeiler der „El Pescante“ erzählen noch heute davon. Weitere Wahrzeichen Hermiguas sind der Fluss Rio de el Cedro, der etwa 100 Meter ins Tal stürzt, und die Zwillings- felsen Roques de San Pedro. Die aus dem Erdinneren emporgeschossenen Vulkanschlote wachen über den Ortsteil Monteforte. Der Weg von dort zur Playa Hermigua dauert, zu viel gibt es zu se- hen. Etwa das einstige Dominikanerklos- ter, dessen toskanische Säulen, gotische Bögen und Mudejar-Decken wie die Schalen einer Zwiebel seine Entstehung über die Jahrhunderte bezeugen. Oder das Museo Etnografico de La Gomera (MEG), das Einblicke in Traditionen und Handwerk der Insel gewährt, ebenso in die Klangwelten der Pfeifsprache El Silbo, mit der sich die Gomeros einst sogar über weite Distanzen unterhielten. Es ist Zeit für eine Pause. Wir setzen uns auf die sonnenverwöhnte Terrasse des Kultlokals Pedro und bestellen Tapas bei Aná. Mit lässigem Hüftschwung und breitem Grinsen nimmt sie unsere Order auf, bevor sie singend in den Gastraum entschwindet. Amüsiert und gestärkt laufen wir weiter abwärts, kürzen die Reportage INFOS Perfekt Navigieren Maps.me ist eine mobile App für Android, iOS und BlackBerry. Sie stellt Offline-Karten mit OpenStreetMap-Daten bereit. Im September 2015 wurde die App als Open Source bereitge- stellt. Sie funktioniert auf La Gomera selbst ganz unten im Lorbeerwald und leitet durch Nebel und dichtes Grün, wenn der Blick zu Horizont und Was- serkante nicht möglich ist. Essen Das Colorado ist für viele die Nummer eins im Valle Gran Rey. Es ist in La Playa zu finden. Seinen exzellenten Ruf verdankt es der kreativen Küche zweier Jungköche, die Mediterranes mit ehrlicher, hanseatischer Küche raffiniert kombinieren. Geschmacks- und Farbexplo- sionen sind das Resultat. Das Auge isst hier definitiv mit, auf dem Teller und abseits. Das Restaurant Charco Del Conde sollte auch eingeplant werden. Die Fischkroketten des Hauses sind eine Offenbarung. Dazu le- ckeren Weißwein samt Blick auf den Babybeach beim Sonnen- untergang – eine unschlagbare Kombination. Einkaufen Wer in kanarische Leichtigkeit und Farbenfreude schlüpfen und nebenbei über amüsante Bedienung und Keramikfiguren lächeln möchte wird im Elmo Gomera fündig. Das hübsche Geschäft ist nah der Statue von Hautacuperche, dem Held der Gomeros, der 1488 die Rebelli- on der Ureinwohner gegen den Inselherrscher anführte. Wohnen Ferienwohnungen oder Häuser sind absolut erschwingliche Alternativen zu Hotels. Ein Apartment im Caserío de la Playa ist empfehlenswert. Es kostet 80 Euro pro Tag, man lebt in großen, landestypisch ausgestatteten Räumen. Das Erwachsenenhotel ist sauber, das Auto kann unweit geparkt werden. www.abenteuer-magazine.de | 31