Wintersportbloggern und Alpinjourna- listen organisiert. Wir haben ein nettes Wochenende verbracht samt Ideenfin- dung, wo es Synergien gibt. Oder auch: Was könnte man zusammen für Projekte starten.“ Wann war das? Lukas Ruetz: „Das war im April 2019. Und wir haben gleich Nägel mit Köpfen gemacht. Wir haben überlegt, wie genau man die Webseite aufbauen könnte, wie man das Wording macht und die richtige Herangehensweise … z.B. mehr ‚wir wün- schen‘ uns mehr Zusammenarbeit in der Lawinenwarnung, nicht ‚wir fordern‘.“ Der gemeinsame Lawinenreport des Euregio-Projekts Tirol, Südtirol, Trentino ist sehr gut angekommen und es gibt Regionen, die Interesse haben sich anzuschließen. Andere wiederum wollen lieber weiter auf eigene Faust ihren Lawinenlagebericht modernisie- ren. Das ganze scheint hochpolitisch und sehr arbeitsaufwendig zu sein, wie kann das funktionieren? Lukas Ruetz: „Die Grundidee ist, die Politik und die Bevölkerung darauf auf- merksam zu machen, dass es Verbesse- rungspotenzial gibt. Denn wir glauben, dass der normale Skitourengeher und Freerider sich bewusst ist, dass es große Unterschiede auch in der Qualität gibt. Wir möchten nicht explizit vorgeben wie es ausschauen könnte, auch wenn der neue Euregio-Lawinenreport meiner Meinung nach die neue Benchmark ist, der sich alle anschließen könnten – das System ist Open Source. Da fällt keinem ein Zacken aus der Krone.“ „Es werden noch eigene Süppchen gekocht“ Dennoch ziehen nicht alle Akteure an einem Strang, oder? Lukas Ruetz: „Ein großer Teil der Nutzer steht dahinter und will in einem Europa, das schon auf so vielen Ebenen zusam- menarbeitet, endlich Fortschritte sehen. Derzeit werden aber noch arg eigene Süppchen gekocht. In Italien gibt es zum Beispiel für eine Region zwei verschie- dene Lageberichte. Einmal von der AINEVA, einmal von der Meteomont/ Carabinieri die am gleichen Tag für die gleiche Region verschiedene Berichte mit teils verschiedenen Stufen ausge- ben. Deshalb ist es ganz wichtig, dass jeder Skitourengeher drüber spricht und wenn er sich damit identifizieren kann, die Initiative unterstützt.“ Auf wen kommt es maßgeblich an? Lukas Ruetz: „Die EAWS, also die Europäische Arbeitsgemeinschaft der Lawinenwarndienste ist das ausfüh- rende Organ. Die Lawinenwarndienste wissen ja genau wo es hapert oder wo es Entwicklungspotential gibt. Es scheitert hauptsächlich daran, dass Geld und Personal fehlt. In Kärnten zum Beispiel gibt es einen (!) Lawinenwarner der mehr oder weniger auf sich allein gestellt ist! Für ein Gebiet im Hochgebirge mit tausenden von aktiven Wintersportlern und Gästen. Wenn er mal ausfällt – was dann? Für das Euregio-Projekt ist von der EU eine große Summe zur Verfügung gestellt worden, um die Infrastruktur und die IT auf die Beine zu stellen und gute Mitarbeiter zu finden. Man muss sich nur mal die Internetseiten verschie- dener Lawinenwarndienste anschauen. Viele sind für das Jahr 2020 nicht nur veraltet, sondern eine Antiquität.“ Also wollt Ihr eher eine Art Druck von unten entstehen lassen, der zunächst zu einer Bewusstseinswerdung und dann hoffentlich auch zu Aktivität der Verantwortlichen führt? Lukas Ruetz: „Genau, ein sanfter Druck, der dazu führt, dass die Wintersport- community geschlossen sagt: wir wün- schen uns das, bitte setzt das besser um. So, dass der sanfte Druck konstruktive Arbeit entstehen lassen kann. Deswe- gen ist das Ganze auf mehrere Jahre ausgelegt. Und wir sind uns bewusst: Es könnte auch nichts draus werden und alles im Sand verlaufen.“ IFALP hat bemängelt, dass es, obwohl sich alle europäischen Warndiens- te auf die sogenannte Europäische Gefahrenskala beziehen, trotzdem markante Unterschiede in der Anwen- dung gibt. Kannst Du da ein Beispiel nennen? Lukas Ruetz: „Hierzu gibt es ein sehr gutes Beispiel, das wissenschaftlich fundiert ist. Eine Studie unter Leitung von Frank Techel vom SLF. Die Studie ist 2018 beim ISSW (Anm.d.R. Inter- national Snow Science Workshop) in Innsbruck veröffentlicht worden. Sie haben über mehrere Jahre die Lagebe- richte vom ganzen Alpenbogen ausge- Interview INFOS Mehr zu Lukas Ruetz Auf seinem Blog lukasruetz.at, in der Kolumne „SchneeGestö- ber“ auf Powderguide.com und besonders bei seinen Vorträgen erfährt man viel, anschaulich und praxisnah über Lawinen- kunde. Wer unauffällig Touren- tipps von ihm absahnen will, steigt im Berggasthof Ruetz in St. Sigmund ab. IFALP: http://ifalp.org/ EAWS: www.avalanches.org/ ISSW: www.issw2018.com/ Tourenblog: www.lukasruetz.at/ Beobachter des LWD In Tirol beispielsweise gibt es ca. 30 Beobachter des Lawi- nenwarndienstes. Zum einen die stationären, die täglich die statistische Weiterführung der Daten seit Jahrzehnten verant- worten. Andere wie Lukas aber auch Bergführer oder Mitar- beiter von Skigebieten mel- den Lawinenabgänge, graben Schneeprofile und machen Unfallanalysen. Reportage „Auf Kontrollflug mit dem LWD Tirol“ Siehe Abenteuer Tiefschnee Ausgabe 2019 https://www.abenteuer-maga- zine.de/serviceevents/e-paper/ www.abenteuer-magazine.de | 25