Gipfeltreffen im Kopf Nadine Wallner liebt die Berge und ihre Heimat am Arlberg. 40 Schein trügt eben oft und es ist hilfreich, sich auch an solchen Tagen die Zeit zu neh- men, objektiv wahrzunehmen und rationale Entscheidungen zu treffen. Auch wenn das mal bedeutet Nein zu sagen.“ Wenn du mit Gästen unterwegs bist, wie förderst du deren Selbsteinschätzung? Nadine Wallner: „Zum einen ist Kommu- nikation auf Augenhöhe sehr wichtig, ich muss meine Gäste kennenlernen. Ich beobachte die sportlichen Fähigkeiten und versuche auch die mentalen Komfortzonen einzuschätzen. Gemeinsam definieren wir dann Ziele, beispielsweise das erste Mal ein Cliff springen. Wenn du dann zum Beispiel eine Gruppe führst hast du die übermoti- vierten, die ich- schau-mal und die auf-kei- nen-Fall Gäste. „Aus der Komfortzone in die Lernzone“ Mein Ziel ist es, Lösungen für jeden zu finden, unser Ziel einen Felsen zu springen zu schaffen. Man führt die Gäste langsam ran, raus aus der Komfortzone, rein in die Lernzone. Sie wachsen über sich hinaus oder merken, dass sie sich vielleicht doch überschätzt haben. So schaffe ich es, die Diskrepanz zwischen Gefühlen und Realität zu minimieren. Das ist nicht nur ein Erfolgserlebnis für den Gast, sondern auch für mich.“ Zurück zu dir als Freeriderin, du bist sehr erfahren und perfekt ausgebildet, sogar als Bergführerin. Wie gehst du mental mit dem Restrisiko um, dass wir in den Bergen nun mal nicht eliminieren können? Nadine Wallner: „Ja, das stimmt, solange wir uns in die Berge begeben, tragen wir ein gewisses Restrisiko. Wie gesagt, ich bin ein rationaler Mensch in den Bergen und versu- che, das Risiko so gut es geht zu minimieren. Aber auch wenn ich mich in mein Auto set- ze, trage ich immer ein gewisses Restrisiko an objektiven Gefahren, auf die ich keinen Einfluss nehmen kann. Manchmal ist es einfach Pech oder bad timing. Aber auch dann kommt es darauf an, was ich draus mache. Mir hilft mental, dass ich generell ein sehr positiver und lösungsorientiert denkender Mensch bin. Das klingt jetzt hart, aber im Vorarlberg sagt man auch gerne ‚ohne Schaden, kein Nutzen‘. Aber Priorität ist, Risiko durch rationale Entscheidungen zu minimieren und dann eine gute Zeit am Berg zu haben.“ Caja Schöpf Rolle. Viele Gäste sehen Dinge, die sehr ein- fach aussehen, aber ja nur Momentaufnah- men eines langen Vorbereitungsprozesses sind. Was hinter einer Steilwandbefahrung steckt, das bleibt ja meist im Verborgenen. Was man sieht, ist ja nur der Gipfel des Eisberges. Daraus resultiert natürlich dann ein Bild, dass gewisse Dinge leicht nachzu- ahmen sind, dass man sich vermeintlich sicher fühlt, und diese Annahmen führen dann meist zu einer Selbstüberschätzung und zu groben Fehlentscheidungen. An die Konsequenzen denken die Wenigsten in einer konkreten Situation.“ Glaubst du, dass sich weniger erfahrene Menschen oft von Emotionen leiten las- sen und das Rationale ausblenden? Nadine Wallner: „Absolut. Ich bin eher ein rationaler Mensch in den Bergen und ich finde, dass mir das oft hilft richtige oder gute Entscheidungen zu treffen. Ich konnte beim Klettern lernen, dass es oft eine ganz objektive Wahrnehmung der Situation geben kann und was die Konsequenzen sind. Im Schnee ist das ein bisschen anders. Da geht alles viel schneller als beim Klettern. Man wird überrollt vom schönen Schnee, dem Hype, dem Powder und das führt zu risikofreudigeren Entscheidungen bei traumhaftem Sonnenschein. Aber der