rEPOrTaGE ZUR PERSON Geboren und aufgewachsen ist Na- dine Berger in München. Seit 2017 lebt sie bei Gengenbach im Kinzig- tal. Die 25-Jährige hat den Bachelor in Sport, Gesundheit und Freizeit- bildung. Ein Studium in Waldwirt- schaft und Umwelt hat sie danach abgeschlossen. Den Nationalpark Schwarzwald kennt Nadine bereits aus Praktikum und Ehrenamt, als sie im Oktober 2022 hauptamtliche Rangerin wird. Zu ihren Aufgaben zählen Führungen für alle Alters- klassen. Außerdem betreut sie Praktikanten wie Volunteer Ranger des Nationalparks und patrouilliert vorwiegend im Gebiet am Schliff- kopf, um Allerheiligen, Buhlbachsee und Bannwald. Mit Rangern unterwegs sein: Wer selbst einmal mit Rangern in den Nationalpark wandern möchte, mehr über Wildtiere, wilde Kräuter, den Klimawandel oder darüber erfahren möchte, wie alles in der Ökologie zusammenhängt, wird im aktuellen Veranstaltungskalender des Nationalparks Schwarzwald sicher fündig: nationalpark-schwarzwald.de auf roten Pfaden hinein ins wilde Grün. a i l g a P e h t a g A : r e d l i B 12 Cybertracker-App, die ihre Wege spei- chert. Damit markiert sie Standorte, wo sie auf Wanderer oder Wildtiere trifft, wo seltene Pflanzen wachsen oder Wege unpassierbar sind. Plätze, an denen sie Heidelbeeren oder Pilze entdeckt, hält sie in den Folgetagen verstärkt im Blick. Schließlich ist das Pflücken und Sam- meln im Nationalpark verboten. „Sobald die Menschen abseits der Wege in die Flächen gehen, werden Strukturen und Lebensräume zerstört, und das wird zum echten Problem für das Schutz- gebiet“, klagt sie. Im Sommer seien die Wildcamper ein solches, obwohl es drei Trekking Camps gibt, in denen man nach Anmeldung legal im Park über- nachten dürfe. Wie auf Bestellung kreu- zen zwei Damen mit Terrier unseren Weg. Nadine weist sie freundlich darauf hin, dass Hunde im Nationalpark nicht frei laufen dürfen. Diese Nachlässig- keit müsse sie am häufigsten anmah- nen, sagt sie. Gra- vierende Verstöße werden angezeigt. Dann erheben die Ranger die Persona- lien und leiten alle Daten später im Büro zur Bußgeldstelle weiter. Büroarbeit deckt gut ein Drittel des Wochenpen- sums eines Rangers ab. Sie organisieren und koordinieren Führungen, Praktika wie interne und externe Schulungen und beantworten Fragen, die Interes- sierte per E-Mail an den Nationalpark stellen. Luchs- und Wolfssichtungen hatte sie noch keine. Sie freut sich aber, dass diese Tiere zurück in ihre angestamm- te Heimat kommen. Genau wie ein anderer Rückkehrer, der Dreizehen- specht. Von ihm erzählt eine Infotafel, die wir passieren. Unser Pfad ver- jüngt und lichtet sich: Wir stehen am Wildseeblick, schauen hinunter zum dunklen Wasser des Karsees und über das gesamte Schönmünztal. Viele der Fichten unter uns tragen Braun. Sie sind vom Borkenkäfer befallen, sterben ab. Die Trockenheit hat sie anfällig für den Befall gemacht. Der Bannwald hat mehr Totholz als andere Zonen im Großschutzgebiet. Er verwildert schließlich schon hundert Jahre länger als die restliche Fläche. Wo Totholz EIN WALD ALS MEHR- GENERATIONENHAUS ist, sind Pilze nicht weit. Zersetzen sie die Zellulose, zerfällt das Holz in einer braunen, bröckeli- gen Struktur. Lignin bleibt übrig, das für die Stabilität des Baumes verantwort- lich ist. Dann spricht man von Braunfäule. Bei Weißfäule ist das Holz fasrig und hell. Dann ist ein Pilz am Werk, der das Lignin im Stamm bevorzugt, und die Zellulo- se bleibt vorerst bestehen. Sie sorgt für Elastizität und speichert Wasser. Totholz ist also Nährboden und Wasserspeicher zugleich, lernen Hanna und ich. Wir klettern über glitschigen Fels oder quer liegen- de Baumstämme. Ich flüstere mein Halbwissen aus Schulzeiten in die Stille: „Tannen- zapfen wachsen nach oben, Fichtenzapfen hängen“ und ernte Lob. Außerdem zerbröseln die der Tanne direkt am Ast, nur unter Fichten lägen Zapfen, ergänzt Nadine. Wenige Momente später punktet sie mit Pflan- zenkenntnis. Nadine ist sogar darin zertifiziert. Sie hat gelernt, bei bis zu 400 für sie bislang unbekannte Arten deren Familien und Gattungen zu bestimmen. Hanna und ich wären am Purpurhasen- lattich oder Wiesenwachtelweizen glatt vorbeigelaufen. Wir werden überholt. Nadine grüßt, ist offen für Fragen nach alternativen Routen. Besucherlenkung zählt auch zu ihren Aufgaben. Sie liebt es, Schnittstelle zwischen Natur und Gästen zu sein und den Menschen neben konkreten Ant- worten auch etwas mehr Naturbewusst- sein und Denkanstöße für das eigene Handeln mitzugeben. Das bedeute im Umkehrschluss, von allen Fachbereichen Ahnung zu haben. Regelmäßige Schu- lungen, aber auch der Austausch mit den erfahrenen Kollegen helfen dabei. Auf halber Höhe zum See bleiben wir vor der Großvatertanne stehen. Sie ist einer der ältesten Bäume im Bannwald und erinnert mich an die Baumhirten aus Tolkins Herr der Ringe, die Ents.