Pin-Bindungen für (fast) alle Fälle

Drei Platzhirsche und ein Newcomer aus Bayern

von Steffen Müller

Früher gab es Tourenski, die waren einigermaßen leicht. Wenn es schließlich an die Abfahrt ging, waren sie einigermaßen störrisch. Dazu gab es eine Hand voll Tourenbindungen, für die mehr oder weniger das gleiche galt. Inzwischen boomt das Tourengehen, Freerider geben sich immer seltener mit zerfahrenen, vom Lift aus erreichbaren Varianten zufrieden und beim Material hat sich eine Menge verändert - und zwar bei den Ski, bei den Schuhen und bei den Bindungen. Immer mehr Hersteller sind mit Pin-Bindungen auf dem Markt. Abenteuer Alpen stellt drei Modelle vor - und gibt einen Ausblick auf einen Newcomer aus Bayern: die Pindung von B.A.M. (Bavarian Alpine Manifest). 

Die Disziplinen des Tourengehens haben sich extrem auseinandergelebt. Die einen hetzen mit immer leichteren Schuhen, Bindungen und Ski die Pisten hinauf. Für sie ist die Abfahrt eher Beiwerk. Das andere Extrem sieht den Aufstieg durch freies Gelände als notwendiges Übel an, um den Traumhang für die Abfahrt mit den dicken Freeride-Latten zu erreichen. Dazwischen bewegt sich die Masse und es gibt viele Schattierungen. Pin-Bindungen sind dabei inzwischen auch für alle, die größten Wert auf die Abfahrtsperformance legen, eine echte Alternative.

Wir stellen drei Modelle vor, die - geht es nach den Herstellern - bergauf wie bergab keine Wünsche offen lassen: die Fritschi Diamir Vipec 12, die Marker Kingpin und die Dynafit Beast. Außerdem gibt es hier den Ausblick auf die Pindung von B.A.M und im Infokasten einen Überblick über die Vor- und Nachteile von Pin- und Rahmenbindungen. 

Dynafit Beast
Dynafit war viele Jahre der Platzhirsch, wenn es um Pin-Bindungen ging. Auch wenn das Patent ausgelaufen ist, so haben die Österreicher definitiv die größte Erfahrung auf diesem Gebiet. Die erste rahmenlose Bindung brachte Dynafit vor über 30 Jahren auf den Markt. Die Beast ist mit einem Auslösewert von 16 – es gibt auch einen kleinen Bruder mit DIN-Wert 14 – die kräftigste unter den drei Kandidaten. Dank schwenkbarem Vorderbacken sollen Fehlauslösungen vermieden werden, auf diese Weise wird der Weg bis zur Auslösung vergrößert und der Ski verabschiedet sich nicht ungewollt bei kurzen Schlägen. Die Beast 16 wiegt 950 Gramm, die Beast 14 bringt 830 Gramm auf die Waage.

www.dynafit.com/de/blog/news/beast16-tuev-zertifiziert

Fritschi Diamir Vipec 12 (schwarz)
Die Schweizer gelten als der Spezialist für Rahmenbindungen. Inzwischen im dritten Jahr hat Fritschi auch eine viel beachtete Pin-Bindung auf dem Markt. Nachdem die Vipec zunächst mit Kinderkrankheiten – unter anderem einem komplizierter Einstieg - zu kämpfen hatte, sind sich die meisten Experten einig, dass das neue Modell, nun ausgereift ist. Als einzige Pin-Bindung löst die Vipec 12 wie normale Alpinbindungen seitlich über die Fronteinheit aus. Andere geben den Schuh über den schwenkbaren Hinterbacken frei. Der ist bei der Vipec starr, was für eine bessere Kraftübertragung sorgen soll. Ein weiterer Vorteil der Vipec: sie löst auch im Aufstiegsmodus aus. Die Vipec 12 wiegt 980 Gramm.

www.diamir.com/produkt/diamir-vipec-12/

Marker Kingpin
Mit den Bindungen der Royal-Family-Serie ist die Firma mit Sitz in Penzberg im Freeride-Segment bereits bestens vertreten. Die Duke (DIN-Wert bis 16) und die Baron (bis 13) sind äußerst stabile Rahmenbindungen mit ordentlich Speck um die Hüften aber einer unbestritten guten Abfahrts-Performance. Mit der Kingpin bietet Marker jetzt auch eine leichte Touren- und Freeridebindung an. Vorne mit Pins und Sechsfach-Feder und hinten mit klassisch anmutendem Alpin-Hinterbacken werden hier zwei Systeme kombiniert – mit allen Vorteilen einer reinen Pin-Bindung im Aufstieg. Mit Auslösewerten von 10 und 13 und einem Gewicht von durchaus akzeptablen 1460 Gramm ist die Kingpin für viele sicher ein guter Kompromiss.

www.marker.de/kingpin/index_de.html

Die Pindung von B.A.M.

Hinter der B.A.M. (Bavarian Alpine Manifest) und der Pindung steckt Markus "Bambam" Steinke. Der Bayer ist ein Ski-Verrückter im positiven Sinne und leidenschaftlich gern auf allen Powderhängen dieser Welt unterwegs. Als Gründer und Entwickler von Mountain Wave Ski sorgte er bereits für Furore und sahnte zahlreiche Preise ab, heute überzeugen seine Gleithölzer unter dem Namen Liebling. "Ich war schon immer auf der Suche nach einer guten aufstiegstauglichen Bindung, bei der ich in Sachen Abfahrtsperformance keinerlei Kompromisse eingehen muss. So kamen wir auf die Pindung", sagte Steinke im Rahmen eines Besuches bei Toms Bergsport in Calw, "dabei ist die Grundidee gar nicht so neu, sie wurde vor Jahren nur nicht weiterverfolgt. Wir haben sie wieder aufgegriffen und jetzt ist die Zeit reif dafür." 

Die Pindung von B.A.M. feierte ihre Publikums-Premiere bei der ISPO in München. Sie vereint die Vorteile des Pintech-Systems mit denen einer Alpinbindung: Mit dem Komfort und der Leichtigkeit einer Pin-Bindung aufsteigen, kraftvoll und sicher in der Alpinbindung abfahren. Das integrierte Pin-System im Vorderbacken wird nur im Aufstieg verwendet. Durch Umlegen des vorderen Bedienhebels gleitet der Vorderbacken nach vorne und legt die Pinflügel für den Einstieg frei. Ein perfekter Drehpunkt, eingeringes anzuhebendes Gewicht und eine zweistufig einstellbare Steighilfe bieten zusätzlichen Gehkomfort. Für die Abfahrt wird die Pindung in eine klassische Alpinbindung umfunktioniert. Der Hinterbacken basiert auf dem Konzept einer Drehtellerbindung und garantiert so eine äußerst zuverlässige Auslösung. Der Fahrer profitiert vom Einstiegskomfort wie bei einer Alpinbindung. Die Pindung ist mit notwendigem Equipment wie verriegelbarem Skistopper mit zeitgemäßen Stopperbreiten und Harscheisenbefestigung am Vorderbacken ausgestattet.

Alle Einzelteile werden in Bayern produziert und in der unternehmenseigenen Skiwerkstatt in Oberhaching zusammengefügt.

www.bavarianalpinemanifest.com

So funktioniert die Pindung: 

Infos

Rahmen- contra Pin-Bindung:


Rahmenbindung

Unter einer Rahmenbindung versteht man eine Tourenbindung, bei der Front und Fersenautomat auf einem Rahmen befestigt sind. Dabei kann die Bindung an der Ferse entriegelt werden, um die gesamte Konstruktion im Gehmodus anheben zu können.

Vorteile: Die Funktionswiese bei der Auslösung und die Abfahrtsperformance der stabilen Rahmenbindung gleicht der einer Alpinbindung. Rahmenbindungen sind für alle Skischuhe geeignet. Der Einstieg funktioniert auch bei schwieriegen Bedingungen meist problemlos.

Nachteile: Hohes Gewicht, im Aufstieg muss immer die komplette Bindungseinheit angehoben werden. Wegen des ungünstigeren Drehpunktes ist der Aufstiegskomfort schlechter.



Pin-Bindung

Die Schuhe werden vorne und hinten (Ausnahme Kingpin) mit Pins fixiert. Im Aufstieg wird die Ferse freigegeben.

Vorteile: Geringes Gewicht, natürlichere Bewegung im Aufstieg, es muss nur der Schuh, nicht die komplette Bindungskonstruktion angehoben werden.

Nachteile: Komplizierterer Einstieg und eine bislang weniger definierte Auslösung. Pin-Bindungen funktionieren nur mit speziellen Touren- und Freeride-Schuhen mit Pin-Inserts.